EINFACH SCHWIMMEN
Meine Meinung
Fluchtgeschichten sind immer dramatisch. Es beginnt mit dem Fluchtgrund, der allein reicht schon. Wirklich freiwillig verlassen viele ihre Heimat nicht, denn was sie erwartet ist eine ungewisse Zukunft und unglaubliche Strapazen. Man lässt alles hinter sich, was man kennt. Yusra hat hier ihre Geschichte aufgeschrieben.
Yusra will einfach nur schwimmen. Sie will trainieren, um an den syrischen Nationalmeisterschaften teilzunehmen und sich irgendwann für die Olympischen Spiele qualifizieren. Doch in Syrien bricht der Bürgerkrieg aus und sie muss jeden Tag damit rechnen, von einer Granate getroffen zu werden. Täglich sterben Freund*innen und Bekannte. Sie müssen ständig umziehen, weil das Leben in Damaskus, der Hauptstadt von Syrien, teuer und gefährlich ist. Als es unerträglich wird, beschließen die 17-jährige Yusra und ihre drei Jahre ältere Schwester Sara sich auf die gefährliche Reise nach Europa zu machen. Das ist im Jahr 2015.
Die Geschichte der beiden Schwestern wird berühmt, weil sie zusammen bei der Überfahrt auf dem Mittelmeer ihr überfülltes Schlauchboot schwimmend retten und dadurch alle Mitreisenden überleben. Außerdem kann Yusra wirklich im Jahr 2016 bei den Olympischen Spielen in der Flüchtlingsmannschaft antreten. "Butterfly" liest sich wie ein Roman und es ist so erschreckend, wenn man sich vorstellt, dass das alles wirklich passiert ist. Auf ihrem Weg haben sie mit Schlepperbanden, polizeilicher Willkür, Hunger und Fremdenhass zu tun, aber sie lernen auch viel über Freundschaft, Durchhaltevermögen, das Festhalten an Träumen sowie Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Man ist hautnah am Geschehen dabei und kriegt sehr intime Einblicke in das Leben der beiden Schwestern. Es wird natürlich hauptsächlich Yusras Geschichte und ihre Sicht auf die Dinge erzählt. Und doch steht diese Geschichte für viele hundert andere Geschichten, die nicht erzählt wurden oder für die Menschen, die auf der Reise ums Leben gekommen sind.
Yusras Ziel ist es, flüchtenden Menschen eine Stimme zu geben, mit Vorurteilen aufzuräumen und aufzuzeigen, dass "es niemandes freie Entscheidung ist, ein Flüchtling zu werden". Das Wort Flüchtling ist mit sehr viel Schlechtem behaftet und wenn man die Bezeichnung einmal bekommen hat, wird man sie nie mehr los. Sie hadert sehr damit. Die Erzählung ist frei von Schnörkeleien, sie ist sehr emotional und bewegend. Es lässt sich trotz des schweren Themas aber super leicht lesen. Jeder dieser Menschen hatte ein Leben vor der Flucht und Yusra bringt diese Komplexität sehr gut auf den Punkt: Wie froh man ist, dass man in Sicherheit ist, aber alles zurückgelassen hat, was man kennt und sich ein komplett neues Leben aufbauen muss und das auch nur mit der Unterstützung des Staats und der Leute im neuen Land schaffen kann, wenn man überhaupt Asyl bekommt.
Fazit
Eine bewegende Biografie, die hautnah von der Flüchtlingswelle 2015 erzählt. Yusras Ehrgeiz und Durchhaltevermögen bringen sie sehr weit. Die traumatische Geschichte ihrer Reise von Syrien nach Deutschland erzählt sie sehr bewegend in diesem Buch. Es kommt von mir eine sehr große Leseempfehlung!
Infos
- Autorin: Yusra Mardini, geboren 1998, entdeckte schon als kleines Mädchen ihre Liebe fürs Schwimmen. Mit vierzehn stellte sie einen syrischen Landesrekord auf. Um ihren Traum von Olympia zu erfüllen, floh sie 2015 nach Deutschland. Hier trainierte sie in Berlin bei den Wasserfreunden Spandau 04. Zweimal trat sie bereits bei den Olympischen Spielen an: 2016 in Rio und 2021 in Tokio. Heute lebt und trainiert sie in Hamburg. Abseits des Beckens hält Mardini als UNHCR Goodwill Ambassador Vorträge und setzt sich für Flüchtlinge auf der ganzen Welt ein. Ihre Lebensgeschichte wird von Sally El Hosaini für Netflix verfilmt. (Quelle: https://www.droemer-knaur.de/autor/yusra-mardini-3002658 21.2.2024)
- Seitenanzahl: 349 Seiten
- Einband: fester Einband
- Verlag: Droemer Knaur
- ISBN: 978-3-426-78963-6
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