Montag, 13. Mai 2013

Rezension: Der Schüler Gerber // Friedrich Torberg



Auf drei Dingen beruht die Welt: Auf Wahrheit, auf Gerechtigkeit und auf Liebe.

Rabban Schimon ben Gamliёl


Meine Meinung
Der Schüler Gerber war für mich ein sehr unterhaltsamer Roman mit einem ernsten Thema. Ich fand es sehr interessant, wie sich Kurt in seinem letzten Jahr am Gymnasium schlägt, da auch meine Matura erst ein Jahr her ist (Stand 2013) und die Erinnerungen daran noch sehr frisch.

Am Anfang ist die Bedrohung durch Kupfer, dem Lehrer, haarsträubend spürbar und man ist sich seiner gefährlichen Präsenz vollkommen bewusst. Das wird dadurch noch verstärkt, dass man einen tiefen Einblick in Kupfers Alltag bekommt und seine kranken Gedanken beschrieben werden. In der Mitte des Romans wird die Bedrohung Kupfers jedoch  zurückgeschraubt und man denkt sich, was eigentlich so bedrohlich an ihm ist. Er ist doch nur irgendein Lehrer. Erst bei der Matura wird einem wieder bewusst, warum sich Kurt so vor ihm fürchtet.


Nicht nur Kupfer ist auf eine kranke Art besessen von Kurt, sondern auch Kurt von Lisa und irgendwann vermischen sich alle drei zu einem Strudel aus Demütigung, Verachtung und Verzweiflung, aus diesem Kurt am Ende nicht mehr auftauchen kann.
Die Entwicklung von Kurt von einem selbstbewussten, unabhängigen zu einem verzweifelten und in einen Abgrund stürzenden Schüler, ist gut nach zu vollziehen und innerhalb von zwölf Kapiteln, einem einzigen Schuljahr, bestens dargestellt.

Zu den Stärken zählt auf jeden Fall die Intensität, mit der die Geschichte von Kurt erzählt wird. Er handelt in jeder Situation nachvollziehbar und durchgehend konsequent. Wenn man jedoch selbst gerade mitten in den Maturavorbereitungen steckt, könnte dieses Buch sich schleichend in deine Gedanken einnisten und die Angst vor den großen Prüfungen schüren.

Die Zielgruppe, die der Roman ansprechen soll, erstreckt sich über eine große Altersspanne. Besonders interessant ist dieser Roman aber vor allem für Schüler*innen kurz vor der Matura, also im letzten Schuljahr, oder welche, die die Matura noch nicht so lange hinter sich haben. Aber auch ältere Genrationen können sich durch „Der Schüler Gerber“ wieder in ihre eigene Schulzeit zurück versetzten, da sich vieles bis heute nicht geändert hat, oder erst jetzt anfängt, sich zu verändern.

Für mich ist der Schüler Gerber ein Roman, der mit jedem Punkt überzeugt und zu Recht als Klassiker gehandelt wird.




  

Klappentext
"Das ist kein Schulroman mehr, das ist ein hellsichtiger, überwacher, visionärer Durchblick ins Gesamtbild unseres Daseins. Das Rätsel "Schule" wird nach allen Richtungen hin in das größere Rätsel "Leben" eingebaut. Und damit leistet der tapfere Roman mehr an Erkenntnis, als wenn er mit groben Tendenzen und Reformversuchen dreinführe."
Max Brod


Infos
  • Autor: Friedrich Torberg wurde am 16. September 1908 in Wien als Friedrich Ephraim Kantor geboren. Er starb am 10. November 1979 in Wien. Er war ein österreichisch-tschechoslowakischer Schriftsteller, Journalist und Herausgeber. Torberg war nur sein Pseudonym, das er aus den letzten drei Buchstaben seines Nachnamens Kantor und dem Mädchennamen seiner Mutter „Berg“ bildete.
  • Seitenanzahl: 292 Seiten
  • Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
  • Einband: Taschenbuch
  • ISBN: 3-423-00884-9
  • Hintergrund: Zu der Idee kam Torberg nachdem er im Winter 1929 in einer einzigen Woche, durch Zeitungsnotizen, zehn Schülerselbstmorde zur Kenntnis genommen hat. Die erste Auflage seines Romans wurde 1930 mit dem Titel „Der Schüler Gerber hat absolviert“ verlegt. Torbergs Roman basiert wahrscheinlich auf seinen eigenen Erfahrungen mit der Matura. Bei seinem ersten Versuch 1927 die Reifeprüfung abzulegen, fällt er nämlich durch und schafft es erst 1928 für reif erklärt zu werden.

Inhalt
Kurt Gerber startet ins letzte Schuljahr an dem österreichischen Gymnasium XYZ. Das Maturajahr (Abitur) hat angefangen und mit ihm auch einige Veränderungen. Die Oktavaner haben einen neuen Klassenvorstand bekommen. Artur Kupfer, Mathelehrer und von dem man weiß, dass er einen offenen Hass gegen Gerber hat. Kupfer quält und schikaniert Gerber bis zum letzten Rest und lässt keine Gelegenheit aus.
Eine weitere Veränderung kommt mit dem Fehlen von Lisa Berwald, Kurts großer heimlicher Liebe. Sie hat die Schule verlassen, um zu arbeiten, doch Kurt kommt nicht von ihr los. Und dann ist da ja auch noch die Matura selbst. Kurt ist ein eher schlechter Schüler und ist bis zum Schluss unsicher, ob er am Ende für "reif" erklärt wird.

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