Dienstag, 9. Juni 2020

Rezension: Periode ist politisch // Franka Frei



WIR WOLLEN MENSTRUATIONSBLUT SEHEN

Meine Meinung
Ich blute. Regelmäßig. Alle 26-28 Tage (es variiert) verliere ich etwa eine halbe Tasse Menstruationsblut. Das ist das Natürlichste der Welt und trotzdem ist dieses Thema bei uns und in vielen anderen Ländern ein Tabuthema. Viele Menschen finden es anstößig, wenn man darüber redet, am besten wird einfach vergessen/verdrängt/versteckt, dass die Hälfte der Bevölkerung einen Zyklus mit Periode hat, haben wird oder gehabt hat. 

Irgendwo Blut zu sehen, das aus der Vagina kommt, ist sowieso von den Gesellschaften (glaubt ja nicht, dass das nur irgendwo weit weg so ist) zu dem Super-GAU (größter anzunehmender Unfall) schlechthin geworden - für die*jenige, der* es "passiert", und für die, die es sehen. Passiert setze ich in Anführungszeichen, da das Wort zum Vokabular einer Tabusprache gehört, die die Periode am liebsten aus der Welt schaffen möchte. Franka Frei schreibt in ihrem Buch gegen dieses Tabu an.


Und das gelingt ihr auf sehr unterhaltsame Art und Weise. Ihr Schreibstil strotzt nur so vor lauter Ironie und ist in Sarkasmus getränkt. Was anfangs für mich etwas anstrengend war, fand ich mit der Zeit jedoch sehr passend, da ja wirklich nichts dabei sein sollte, über diese wunderbare Körperfunktion zu sprechen/schreiben, von der alles menschliche Leben abhängt, und die Autorin zieht damit viele Menschen ins Lächerliche, die sich dabei schwer tun, weil sie sich dafür schämen.

Das Buch ist kein reines Sachbuch. Neben Fakten zum Zyklus, zu Hygieneprodukten, Verhütungsmitteln und Krankheiten etc. erzählt Frei von ihrer Reise nach Asien, wo sie sich mit mehreren jungen Frauen* getroffen hat, die sich, genau wie sie, dem Thema Menstruation und der Aufklärung darüber verschrieben haben, und zeigt auch, wie andere Länder mit dem Thema gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch umgehen. Aufgelockert hat das Ganze auch die "Verleihung" goldener Erdbeeren an Menschen, die besonders abstruses Zeugs über Frauen* und ihren Zyklus verbreitet haben. Vieles wusste ich schon und ich bin bereits jemand, der auch gerne mal im Freundeskreis das Thema anspricht, auch mit der Absicht, es zu etwas Normalem zu machen. Ich fand es aber trotzdem auch spannend, so zum Beispiel die Methoden von Firmen zu erfahren, wie sie ihre Menstruationsprodukte an die Frau* bringen. An einigen Stellen hält sich die Autorin sehr kurz und die spannenden Frauen* aus Pakistan, Indien und Nepal hätten auch noch mehr Aufmerksamkeit bekommen können. 

Fazit
Alles in allem ist es ein lustiges Buch, das Fragen beantwortet, für die Sache motiviert und einen Schritt Richtung Enttabuisierung von Menstruation geht. Stilistisch für mich manchmal jedoch zu ironisch, aber leicht zu lesen und unterhaltsam.




Infos
  • Autorin: Franka Frei, 1995 in Köln geboren und im österreichischen Salzburg aufgewachsen, wurde quasi aus Versehen zur Expertin auf einem Gebiet, das sie seitdem nicht mehr loslässt. Seit ihrem Bachelor-Abschluss im Fach Angewandte Medien und dem plötzlichen Viralgehen in den sozialen Medien ist sie Menstruationsaktivistin – ein Vollzeitjob, der selbst bei Partys im hippen Berlin Fragezeichen in die Gesichter zeichnet. Wenn sie nicht gerade in der Gender Studies-Vorlesung sitzt, wird Franka nicht müde zu erklären »was man damit später mal anfangen will« (die Revolution, natürlich), hält Vorträge im In- und Ausland und arbeitet als Journalistin für die Deutsche Welle. Artikel und Interviews mit ihr erschienen unter anderem in der Huffington Post, Zeit Campus, im Deutschlandfunk, WDR und in Vice. (Quelle: https://www.randomhouse.de/Autor/Franka-Frei/p648648.rhd 9.6.2020)
  • Einband: fester Einband
  • Seitenanzahl: 256 Seiten
  • Verlag: Heyne Hardcore
  • ISBN:  978-3-453-27265-1

Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!

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