Montag, 15. April 2019

Rezension: Sex und Lügen // Leïla Slimani



MAROKKANISCHE FRAUEN SPRECHEN ÜBER SEX


Meine Meinung
Leïla Slimani hat sich mit Frauen unterhalten, die ganz viel zu sagen haben, aber oft so unterdrückt werden, dass sie sich einfach nicht trauen, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Vereinzelt hat sie auch die Sache unterstützende Männer befragt, wie sie das Ganze sehen, und alles unverändert in diesem Buch festgehalten.

"Das Ganze" ist der Umgang der Regierung, der Religion und der marokkanischen Gesellschaft mit den Themen Sex, Sexualität, Frauen. Es wird den Menschen dort sehr viel vorgeschrieben, zum Beispiel wie sie ihre Sexualität ausleben dürfen, was richtig und was falsch ist, dass Jungfräulichkeit von Frauen für Männer das Um und Auf ist, ob man sie heiratet oder nicht, außerehelicher Sex ist verboten, Homosexualität ist das Schlimmste und wenn du als Frau ein selbstbestimmtes Leben führst, dann wirst du sowieso von allen geächtet. Dass das echte Leben anders aussieht, kann man sich vorstellen.


Wenn die Menschen wüssten, dass viel mehr von ihnen ähnlich denken, also dass das repressive System nicht mehr tragbar ist und mit der Realität überhaupt nicht mehr übereinstimmt, dann könnten sie vielleicht etwas verändern, mehr Selbstbewusstsein erlangen, sich zusammentun und ihre Lebensumstände verändern. In Marokko leben vor allem Menschen, die dem Islam angehören. Leider sind dort Religion und Staat nicht voneinander getrennt, sodass sehr religiös-konservative Leute leider immer sehr viel Macht ausüben.

Mir haben die Geschichten und Erzählungen sehr gut gefallen. Die Autorin hat die Texte der Frauen in kursiver Schrift ins Buch eingearbeitet und ihre eigenen Kommentare, Anmerkungen, Gedanken dazugeschrieben. So konnte sie sicher sein, dass nichts verfälscht wird. Es lassen sich alle Texte sehr leicht lesen und ich konnte fast das ganze Buch in einem Rutsch durchlesen. Inhaltlich wiederholen sich manche Berichte, aber so sieht man, wie viele Frauen von ähnlichen Problemen betroffen sind und wie krass sich das alles auf ihr Leben auswirkt. Diese Heuchelei, die Lügen, die Doppelmoral. Es ist einfach zum Kotzen und ich bin so wütend geworden während des Lesens. 

Fazit

Ein spannender Einblick in das Leben marokkanischer Frauen. Religion, Staat und Gesellschaft sind besessen von ihren angeblichen Sitten und versuchen die Frau, die Sexualität, das freie Leben zu beherrschen. Mich hat dieses Buch wütend gemacht und mich darin bestärkt, weiter für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Auch wenn ich selbst nicht davon betroffen bin, wäre es naiv zu denken, niemand anderes ist davon betroffen. Slimani nimmt ihre eigene Stärke zusammen mit dem Mut der Frauen, die sie interviewt hat, und machte daraus einen Beitrag gegen Tabus und Lügen. 



Infos
  • Autorin: Die französisch-marokkanische Autorin Leïla Slimani gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen Frankreichs. Slimani, 1981 in Rabat geboren, wuchs in Marokko auf und studierte an der Pariser Eliteuniversität Sciences Po. Ihre Bücher sind internationale Bestseller. Für den Roman »Dann schlaf auch du« wurde ihr der renommierte Prix Goncourt zuerkannt. »All das zu verlieren«, ebenfalls preisgekrönt, erscheint in 25 Ländern. In den Essaybänden »Sex und Lügen« und »Warum so viel Hass?« widmet Leïla Slimani sich dem Islam und dem Feminismus sowie dem zunehmenden Fanatismus. Seit 2017 ist Leïla Slimani offiziell Botschafterin für Frankophonie. Sie lebt mit ihrer Familie in Paris. (Quelle: https://www.randomhouse.de/Autor/Leila-Slimani/p617517.rhd 15.4.2019)
  • Seitenanzahl: 198 Seiten
  • Einband: flexibler Einband
  • Verlag: btb
  • ISBN: 978-3-641-21675-7

Klappentext

 Sich zu seinen Gefühlen bekennen? Den Partner frei wählen? Alleine auf die Straße gehen? Von klein auf werden Mädchen in islamischen Ländern dazu erzogen, keine Schande über ihre Familien zu bringen. Ehebruch, Prostitution, Homosexualität werden in Marokko bis heute mit Gefängnis bestraft. Viele Frauen führen in Leïla Slimanis Geburtsland daher ein Doppelleben – zerrissen zwischen Tradition und Religion auf der einen Seite und dem Wunsch nach Selbstbestimmung auf der anderen. Sechzehn sehr persönliche Geschichten versammelt die preisgekrönte Autorin und Journalistin in diesem Band. Ebenso mutige wie berührende Bekenntnisse, die Einblick geben in den Alltag von Frauen und in eine Welt im Umbruch.



Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!

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